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Abgewandte Welten
(herausgegeben 1992)
Nachwort (Auszug)

Der Titel dieses Erzählbandes Abgewandte Welten bringt die Auswahl unterschiedlichster Texte der 1980er Jahre in Schweden auf einen Nenner. Er betont einen literarischen Rückzug, in dem sich zwei Tendenzen begegnen. Da ist zum einen eine Literatur, die die Grenzen der Wirklichkeit überschreitet und sich alten sagen- und märchenhaften Elementen wieder zuwendet. Man könnte sie die Literatur der »Rutengänger« nennen, die im scheinbar Unwirklichen zum Kern der eigenen Geschichte vorstoßen möchten. Und da ist zum anderen eine Tendenz, für die das Bild der »Stadtnomaden« steht, die ziellos durch die Metropolen wandern.
  Abgewandt meint die Betonung des Phantastischen, des vom Realistischen Abweichenden, aber darüber hinaus auch die Abkehr von den Erzählweisen der 70er Jahre, die sich mit den Schlagwörtern Arbeiter-, Dokumentär- und Frauenliteratur charakterisieren lassen. Als Reaktion auf dieses sozialrealistische Erzählen des vorangehenden Dezenniums entstehen nun »märchenhafte«, phantastische Erzählungen, die sich auf alte Erzähltraditionen besinnen. Wiederbelebt werden die Konzentration auf die schwedische Landschaft und sagenhafte Traditionen und Überlieferungen.
  Andere reagieren auf den Realismus der 70er Jahre mit literarischen Beschreibungen der Großstadt mit ihren überwältigenden Reizen und Informationsangeboten, die gleichzeitig auch Vereinsamung, Isolation und Schrecken verheißen. Auf ihren Odysseen durch die Metropolen finden die zeitgenössischen Helden Anregungen zur individuellen Deutung der unübersichtlichen Welt. Dieser mehrdeutige Lebensraum findet seine literarische Annäherung in Stil- und Sprachspielen. Die vielfältigen, uneinheitlichen Überlegungen mitteleuropäischer und amerikanischer Theoretiker der Postmoderne fließen in dieses Spiel ein.

Zu den Autoren

MARE KANDRE (*1962) lebt als Schriftstellerin in Stockholm. Die Erzählung »In der Stadt« ist ihrem vielbeachteten Debüt, dem Prosaband »I ett annat land«, 1984, entnommen. Seitdem erschienen die Prosagedichte »Bebådelsen«, 1986, zwei Romane: 1987 »Bübins unge« (in deutscher Übersetzung »Bübins Kind«) und 1991 »Aliide, Aliide«, und im Frühjahr 1992 die Prosa-Stücke »Deliria«.
Übersetzung: Corinna Vonhoegen.

 

Abgewandte Welten - Mare Kandre


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